Wem gehört die Kunst?
„Wem gehört die Kunst?“ Diese Frage stellt sich besonders, wenn es um Ankäufe der Jahre 1933 bis 1945 geht. Erstmals wird jetzt die Sammlung des Museumsberg Flensburg im Kontext ihrer Herkunftsgeschichte gezeigt. Dr. Fritz Fuglsang, der von 1927 bis 1961 das Museum leitete, bemühte sich auch während des Zweiten Weltkriegs um hochkarätige Neuzugänge. Dass er dabei nicht gerade zimperlich war, zeigt das Beispiel der „Sammlung Teppich“: Den 700-teiligen Silberschatz aus dem Nachlass des jüdischen Geschäftsmanns Leopold Teppich ergatterte Fuglsang für gerade einmal 2 ½ Reichspfennig pro Gramm. Dieser und andere Fälle werden nun der Öffentlichkeit vorgestellt.
Geradezu detektivischen Spürsinn musste dabei Provenienzforscherin Madeleine Städtler beweisen: Kleine Stempel, Etiketten und Nummern auf den Bilderrahmen und Rückseiten, Randnotizen auf Akten und Inventarkarten wurden akribisch untersucht, Archive in ganz Deutschland ausgewertet. Manchmal entpuppte sich ein kurzer Brief als spannende Fährte: Im Flensburger Archiv war es unter anderem eine Bitte des berüchtigten Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Spätestens seit der Berichterstattung über den „Schwabinger Kunstfund“ aus seinem Nachlass ist die Provenienzforschung in aller Munde. Die Suche nach der Herkunft der Kunstwerke ist zum gesellschaftlich relevanten Thema geworden. Vor 20 Jahren verpflichtete sich Deutschland auf einer internationalen Konferenz in Washington, aktiv nach unrechtmäßig erworbenen Kunstwerken in den öffentlichen Sammlungen zu suchen.
Die Vermittlungstexte aus der Ausstellung mit Hintergrundinformationen und Fallbeispielen können Sie hier herunterladen.
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Seit 2016 fördert das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste die Provenienzforschung am Museumsberg. Im ersten Zeitraum wurden die Neuzugänge überprüft, die in den Jahren 1933 bis 1945 in die Sammlung kamen. Im April 2019 konnte das Projekt abgeschlossen werden. Den Abschlussbericht mit allen Forschungsergebnissen finden Sie hier als Download. Die Bewertungen der einzelnen Fälle sind ausdrücklich als „Stand der Dinge“ vom Juli 2019 zu sehen. Voraussichtlich werden durch die Veröffentlichung der Ergebnisse und nachfolgende Recherchen zukünftig weitere Informationen über die Herkunft der untersuchten Kunstwerke hinzukommen.
In einem zweiten Projekt werden seit Mai 2019 die Erwerbungen nach 1945 erforscht. Die Recherchen dienen dazu, mögliche Raubkunst, die ihren Eigentümern zur Zeit des Nationalsozialismus entzogen wurde, zu finden. Wenn ein Objekt identifiziert ist, sucht der Museumsberg nach den rechtmäßigen Erben und gibt es zurück oder sucht gemeinsam mit den Erben nach anderen Lösungen.
Ort: Hans-Christiansen-Haus